Allgemein, CDT 2016

Etappe 36: Der Tag der tausend Überschriften

Do., 26.05.2016 / 9,7 Mi

Bis zum Cumbres Pass sind es nur noch knapp 10 Meilen. Während wir laufen, denke ich über meine heutige Überschrift nach, und mir fallen einige ein: „Take a sled and slide down the slope…“, weil wir heute viel auf Schnee laufen, im Gegensatz zu gestern, als wir mehr im Matsch rumgerutscht sind. Der nächte Titel könnte sein: „Schnee, Schnee, Schnee…“
Irgendwann im Schneewald kommt Wildernessie mit dem tollen Satz: „You fly over the snow like and angel and I sink like an anker!“ (Du fliegst über den Schnee wie ein Engel und ich sinke ein, wie ein Anker.), der mir auch gut als Überschrift gefällt.
Eine andere Überschrift könnte lauten:
„Good bye New Mexico – Welcome to Colorado!“ Oder auch „650 Meilen / 1040 km“ und leider auch „Good bye Wildernessie!“
Ach ja! Und dann gäbe es noch die Überschrift: „Zelte niemals auf Mauselöchern, wenn Du ruhig schlafen möchtest!“

Es ist kalt in unserem Camp, und ich konnte nicht schlafen, weil ich mein Zelt auf Mauselöchern aufgebaut habe! Nachts spüre ich plötzlich, wie Mäuse unter meinem Kopf zwischen mir, meiner Thermarest und meinem Kopfkissen rumkriechen! Ich hoffe, dass sie sich nicht durch meinen Zeltboden beißen, um an mein Essen zu kommen! Irgendwann in der Nacht drehe ich alles im Zelt um 180 Grad um, damit ich nicht mehr mit dem Kopf direkt auf dem Mauseloch liege. Leider habe ich in dieser Richtung genau das gleiche Problem. Es bleibt eine unruhige Nacht, und ich bin sehr müde!
Am Morgen wandern wir zunächst ein Stück auf Wiese und dann durch Wald und schon bald fängt der Schnee an. Vor lauter Schnee ist kein Weg zu sehen, und wir hangeln uns anhand von GPS und Fußstapfen durch den Wald!

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Zwischendurch können wir auf einer breiten Forststraße laufen, die allerdings auch komplett mit Schnee bedeckt ist. Bald wird es wieder steiler, und es ist unglaublich anstrengend, durch den Schnee die Berge hinauf und hinab zu klettern! Immer wieder bricht man tief ein, versinkt mit den Füßen und muss sich dann mühevoll wieder hinaus arbeiten, was mit einem schweren Rucksack gar nicht so einfach ist! Gefährlich dabei ist, dass man nie weiß, ob unter dem Schnee ein umgefallener Baumstamm liegt, der einem in die Quere kommen könnte! Es gibt Wanderer, die sich dabei verletzt, oder sogar Knochen gebrochen haben.

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Nach einem steilen Abstieg kommen wir an einen Fluss, an dem wir endlich wieder Wasser auftanken können. Wildernessie hat schlechte Laune, aber nachdem wir die Möglichkeit gefunden haben, auf Gras eine Abkürzung zu laufen, ist ihre Laune wieder besser. Steil hangeln wir uns den Grashang hinauf und kommen direkt an der Grenze von New Mexico und Colorado raus! Hier wird erstmal zelebriert, dass wir seit der mexikanischen Grenze 650 Meilen gelaufen sind!

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Nach der Grenze schlägt das Wetter um! Es ist kein herzliches Willkommen in Colorado, sondern eher ein kaltes und windiges! Wir arbeiten uns weiter durch den steilen Schneewald und können schon den Cumbres Pass sehen!

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Die letzten Meilen gehen über einen Bergrücken, und es windet furchtbar. Wir hören Donner, und es zieht ordentlich zu! Gerade als wir am Pass ankommen, fängt es an zu graupeln! Auf der anderen Seite stehen unsere Freunde aus Frankreich, Paul und Chantal, die schon seit 40 Minuten auf ein Auto warten, das sie nach Chama mitnimmt! Da Wildernessie in die andere Richtung alleine trampen muss, stelle ich mich mit ihr an die Straße, um zu schauen, ob die Person, die anhält, vertrauenswürdig ist! Schon das zweite Auto hält an und ein ehemaliger CDT-Wanderer bietet an, Wildernessie mitzunehmen! Wir verabschieden uns schnell und herzlich und sind sehr traurig, dass wir ab jetzt nicht mehr zusammen wandern können! Kaum ist Emma weg, kommt ein weiterer Wanderer hinzu, der aus dem Norden zurückkommt. Wegen des vielen Schnees musste er umkehren und will nun wieder nach Chama. Nun stehen wir zu fünft bei diesem schlechten Wetter an der Straße und hoffen, eine Mitfahrgelegenheit zu bekommen! Schon das dritte Auto hält an und packt uns alle irgendwie gestapelt in den Kofferraum!
In Chama treffen wir gleich die Jungs wieder, und es ist ein herzliches Willkommen! Wir checken im gleichen Hotel ein, und ich gönne mir ein Einzelzimmer, um ein bisschen ausspannen zu können! Das Wetter draußen ist furchtbar, und ich mache mir Sorgen um Pegleg und Zorro, die bei diesem Wetter irgendwo in den Bergen unterwegs sind!
Wie immer wird jetzt erstmal ausgiebig gegessen und anschließend sitzen wir gemütlich in der Bar zusammen.

Ich habe es bis Colorado geschafft!
In 40 Tagen, 1040 Kilometer. Ich bin unglaublich froh, dass ich es bis hierher geschafft habe und auch traurig, dass Wildernessie und Pegleg mich nun endgültig verlassen.
Schauen wir mal, wie es weitergeht!

Liebe Grüße
Eure Cheesy

7 Kommentare on “Etappe 36: Der Tag der tausend Überschriften

  1. Du kämpfst dich da durch ohne Wenn und Aber!
    Ich kann nur sagen Respekt!

    Ich bewundere dein Durchhaltevermögen und deine Entschlossenheit! Mit Begeisterung folge ich deinen Beiträgen und freue mich über die wunderbaren Bilder.
    Du machst das einfach genial!

    Liebe Grüße Erika ?

  2. Wieso muss man das Wasser aus dem Fluss nehmen, wenn man die ganze Zeit im Schnee unterwegs ist? Is das zu dreckich?

  3. COLORADO.
    Irgendwie scheint hier ein neues Kapitel zu beginnen.
    So liest sich das für mich. Du gehörst jetzt definitiv zu den alten Hasen auf der Route.
    Ich plädiere übrigens für die Überschrift mit dem „nicht auf Mauselöchern zu zelten“
    Ich mag Mäuse… wir haben hier 4 von denen zu Hause…..aber das Gerappelt was die nachts veranstalten. Da willst du nicht drauf schlafen. Definitiv nicht.
    LG

  4. 650 km – der Hammer – einmal quer durch New Mexiko – ich bin begeistert und sehr gespannt, was uns Colorado für tolle Abenteuergeschichten an den Schreibtisch bringt.

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