CDT 2016

Etappe 116: Glacier NP (4) Und es kam noch schlimmer…

Do., 08.09.2016 / 29 Meilen

Es ist dunkel, es ist Nacht, es regnet. Es ist dunkel, es ist Nacht und es regnet noch immer. Es wird heller, es ist ganz früh morgens, es regnet immer noch, der Boden weicht auf, Johnnys Zeltseite fällt um.
Es ist hell, es wäre Zeit aufzustehen, es regnet immer noch. Wir sind im Zelt, haben zusammengepackt, im Zelt am Fußende ist eine Pfütze, die Socken und Schuhe sind immernoch nass, es regnet immer noch.
Als wir uns endlich aus dem Zelt wagen, hört es für etwa 20 Minuten mal auf zu regnen! Juhu!
Wir packen schnell das total verschlammte Zelt zusammen, hängen das Essen ab und laufen ohne zu frühstücken los.
Aus dem Tal, aus dem wir kommen, ziehen schwarze Regenwolken hinter uns her, während wir durch den nassen, deprimierenden, abgebrannten Wald laufen. Das hohe Gras streift an unseren Regenklamotten und reibt das Wasser durch die Poren.
Wir laufen Richtung Nordosten und gehen dem schönen Wetter im Osten entgegen, doch leider macht der Weg kehrt, und wir laufen westwärts der nächsten Regenfront entgegen.
Doch es ist nicht alles schlimm, denn zwischendurch haben wir tolle Sicht auf den St. Mary Lake und die wunderschönen, steilen, mit Puder-Neuschnee bedeckten Felsberge des Glacier National Parks! Sie sind wunderschön und wir kommen trotz durchnässten Füßen nicht aus dem Staunen.

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Unter einem großen Baum mit Blick auf den See machen wir nach zwei Stunden Frühstückspause. Erst zwei Stunden! Von vermutlich zwölf oder mehr!
Weiter geht’s dann am See entlang, durch den Regen, über viel Bärenkacke zu den beeindruckenden Virginia Falls.

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Es ist nicht weit zur Straße, und deshalb kommen uns viele Ausflügler entgegen.
Um etwa 13 Uhr kommen wir nach 14 Meilen an dem Camp vorbei, das wir eigentlich für heute Nacht gebucht haben. Aber wegen des schlechten Wetters haben wir ja beschlossen, die 29 Meilen bis Many Glacier durchzuziehen und träumen schon von einem trockenen Bett, einer heißen Dusche, warmem Essen in warmem Restaurant, stinkende Wäsche waschen usw…
An der Straße, an der wir über die Hälfte geschafft haben, kochen wir, um uns für den Anstieg über den Piegan Pass zu stärken. Zum Glück regnet es mal für eine Stunde nicht, und wir können sogar in der Sonne sitzen.
Zwei weitere CDT-Wanderer, Stone und Cloudbuster gesellen sich dazu. Auch sie wollen noch bis Many Glacier und schlagen vor, dass wir uns ein Zimmer teilen könnten.
Um 14:50 Uhr geht’s weiter. Die beiden Jungs sind ein kleines bisschen vor uns, was gut ist, denn bald schon liegt Schnee, ich wiederhole S C H N E E auf dem Weg, und wir können stumpf ihren Fußabdrücken folgen.

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Es regnet oder schneit gerade nicht, und die Wolken lassen ab und zu die Sonne durch, und wundervolle Blicke auf die scharfkantigen Gipfel um uns herum werden sichtbar! Eine unglaubliche Stimmung!

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Kaum sind wir über den Pass, beginnt es zu schneien. Der Schnee wird weiter unten zu Matsch und dann zu Regen. Immer wieder halten wir an und schauen uns um. Wir fühlen uns wie in einer Filmkulisse eines Fantasy-Films, in dem man niemals sein möchte. Die Wolken machen es dunkel, der Wind peitscht uns den Regen ins Gesicht.

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Die letzten acht Meilen scheinen nicht zu Ende zu gehen, und so langsam sickert das Wasser durch all unsere Kleidungsschichten. Als wir gerade denken, es könnte nicht schlimmer kommen, wird der Weg zu einem Schlammloch, durch das wir knöcheltief waten müssen.
Als wir endlich an die beiden Seen kommen, die vor Many Glacier liegen, klart es wieder ein bisschen auf, und wir können trotz aller Umstände die letzten Meilen an den Seen entlang genießen.

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Um 20 Uhr kommen wir nach gut zwölf Stunden in Many Glacier an. Ziemlich ernüchtend ist die Nachricht, dass alle Zimmer im Umkreis von 30 Meilen ausgebucht sind!
Na gut, dann eben erst einmal essen! Aber der Schock sitzt tief. Wir sind klitschnass und haben uns so auf ein trockenes Hotelzimmer gefreut!
Beim Essen spricht uns ein Pärchen an und unterhält sich eine Weile mit Cloudbuster über den CDT. Als sie gehen, legen sie uns 100 Dollar auf den Tisch! 100 Dollar! Einfach so! Wahnsinn!
Nach dem Essen, das wir damit finanzieren konnten, versuche ich noch einmal alles, um ein Hotelzimmer zu bekommen, aber ohne Erfolg.
Deshalb laufen wir nass im Dunkeln zum Campingplatz. Die Jungs wollen heute Nacht um drei Uhr weiterlaufen, um die 39 Meilen bis zur Grenze an einem Tag durchzuziehen und schlafen deshalb im Toilettenhaus.
Da wir eine andere Vorstellung vom Wandern haben, suchen wir den Hiker- und Biker-Stellplatz und bauen unser dreckiges, nasses Zelt auf. Zu meinem großen Schreck ist auch mein Schlafsack nass! Die wasserdichte Hülle hat versagt! Jetzt bin ich total verzweifelt und sehe mich schon halb tot im Zelt liegen.
Es ist furchtbar in diesem nassen Ding und meine Füße und Hände sind kalt!
Hoffentlich wird die Nacht nicht zu schlimm!
Warum mache ich das hier eigentlich gleich nochmal? Und wann habe ich es endlich geschafft!
Gute Nacht und ahoi,
Eure Prinzess Cheezy

Kommentare zu “Etappe 116: Glacier NP (4) Und es kam noch schlimmer…”:

  1. Uih! Da hat der Trail ja zum Ende hin noch mal alles gegeben. Und ihr erst! Dramatische letzte Tage. Da gibt es ja auch einen großen Teil: gut, dass es vorbei ist. Und: WOW! Ihr könnt echt stolz auf Euch sein!

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